Dienstag, 31. August 2010

Leseprobe acht: "Zweieinhalb Wochen"


Für Jeans war es schon gestern zu heiß. Ich schlüpfe in meinen blauen Rock und wähle dazu ein knappes seidenes Top. Fertig angezogen sitze ich vor dem Zelt und schminke mich. Einige Meter entfernt geht ein Mann vorbei, ich sehe genauer hin. Er ist groß, schlank, hat längere Haare und sein Gang ... Hastig verschwinde ich im Zelt. Ist er es? Ich spähe aus dem Eingang. Nein, er ist es nicht, das wäre ja auch ein dummer Zufall. Warum erschrecke ich denn so? Ich sollte locker bleiben. Er ist bestimmt längst nicht mehr da. Und wenn, dann läuft er bestimmt nicht auf dem Zeltplatz herum.
Ein leises Lied auf den Lippen denke ich an etwas anderes und mache mir Frühstück. Ich lasse mir Zeit mit dem Essen und blättere währenddessen im Festivalprogramm. Erfreut stelle ich fest, dass heute Abend eine offene Session im großen Zelt stattfindet.

Wir gehen gegen Mittag. Auf den Wiesen im Park stehen mittlerweile einige Zelte, hier und da hört man die leisen Töne eines Instruments, Kinder spielen zwischen lagernden Menschen und Hunde laufen frei herum. Es sieht sehr friedlich aus.
In der Innenstadt ist es schon voll. Die Geschäfte haben geschlossen, doch große Cafés laden mit riesigen Sonnenschirmen zum Verweilen ein und die drei Gaststätten rüsten für den kommenden Ansturm.
Wir verbringen den Nachmittag damit, durch die Stadt zu schlendern, da und dort vor einer Bühne zu halten, um zuzuhören und dann zur nächsten Band weiterzugehen. Die Hitze macht mich schläfrig. Fast automatisch berühren meine Sandalen den heißen Asphalt, und ich lasse mich von der Stimmung, der Musik an jeder Ecke und dem leisen Gemurmel der Menschen treiben.
»Wenn wir die Session sehen wollen, müssten wir jetzt zurück«, erinnert P. mich.
»Ja, natürlich. Wie spät ist es denn?«
»Kurz vor drei.«
»Dann sollten wir uns beeilen.«

Auf der Bühne sitzen schon mehrere Musiker und spielen; wir lassen uns vorne nieder. Erst ist es recht leise, bis noch einige Musiker hinzukommen; ihre Instrumente entpuppen sich als Dudelsack, Akkordeon und mehrere Fiddles, ein Bodhránspieler fällt in den Rhythmus ein. Die Weisen werden lauter, und Gitarren sowie Bouzoukis runden das Klangbild ab.
Die Zuschauer drängen sich jetzt um die Bühne, und weil ich nichts mehr erkennen kann, gehe ich näher heran. Ich vernehme eine zweite Bodhrán, sie kommt mir bekannt vor; ist es ihr Sound oder die Art und Weise, wie sie gespielt wird? Tatsächlich, es ist R., und bei ihm sind U. und S. R. bedeutet mir heraufzukommen; ich verziehe fragend das Gesicht. Dann winkt auch S. mir auffordernd zu. Mal sehen, was die wollen. Ich gehe auf die Bühne. S. drückt mir ihre Mandoline in die Hand: »Ich muss zur Toilette.«
Ich setze mich auf S.s Stuhl und versuche mitzuspielen; und obwohl ich mich kaum noch mit dem Instrument auskenne, schaffe ich es nach und nach, in einige Tunes einzustimmen.
Schließlich ist mein Bier leer, P. bringt mir ein neues. Mit dem zweiten Bier geht alles einfacher. Das Spielen macht mir Spaß, meine Finger werden schneller. Ich vergesse, wo ich bin, und fühle mich in die Vergangenheit versetzt; weit weg in ein verräuchertes Pub irgendwo in Westirland.
Viel zu schnell vergeht die Zeit. Schließlich kommt einer der Organisatoren der Session und teilt uns mit, dass die Bühne in ein paar Minuten aufgrund des anstehenden Umbaus geräumt werden müsse. Allgemeines Bedauern geht um. Jemand sagt: »What about a song at the end?«
Dieser Vorschlag wird von den Zuhörern begeistert aufgenommen.
»Give us a song!«, skandieren sie rhythmisch klatschend.
Ich ahne, was auf mich zukommen könnte, will von der Bühne verschwinden. Ich bin schon an der Treppe angekommen, als R. meinen Namen ruft, noch dazu steht S. vor mir und versperrt mir den Weg nach unten.
»Nun sing ihnen doch noch ein Lied«, bittet S. mich.
Fast alle Blicke liegen auf mir. In was bin ich denn da schon wieder hineingeraten? Kann man mich nicht einfach in Ruhe lassen?
Noch halb widerstrebend wende ich mich an einen meiner Mitmusiker, bitte um seine sehr gute Gitarre: »Kannst du mir die mal leihen?«
Er nickt.
Ich hole tief Luft. Ich werde Foggy Dew versuchen, auch wenn das nicht sehr traditionell ist. Danach wäre mir jetzt.
Um die Tonart im Kopf zu haben, schlage ich ein E‑Moll an. Es wird still im Zelt.
Leise, zögernd beginne ich den ersten Vers. Ich singe ihn ohne Begleitung und beginne in der zweiten Strophe mit der Gitarre. Meine Stimme wird lauter, der Rhythmus kräftiger. Schließlich fallen auch einige meiner Mitmusiker ein. Lauter Applaus erklingt, Rufe nach einem zweiten Lied mischen sich darunter.
»Gut, noch ein langsames zum Schluss«, sage ich, denn ich habe mit diesem Wunsch gerechnet: »Ich habe es das erste Mal in Irland gehört.« Begeisterte Zurufe unterbrechen mich. »Es ist sehr traurig, denn es handelt von den schlechten Zeiten während der großen Hungersnot. Vielleicht kennt es hier ja jemand.« Ich taste mich durch den Text und werde lauter. Hinter mir höre ich eine wunderbare zweite Stimme. Wieder fühle ich mich zurückversetzt nach Irland, zu gemütlichen Abenden im Pub neben dem Kaminfeuer, bei einem Glas Guinness und guter Musik.
Bis ich ihn sehe.
Ich will stoppen, sofort verschwinden, aber da das unmöglich ist, fahre ich fort. Ich wundere mich, dass mir die Worte immer noch von der Zunge rollen. Was macht er hier? Wieso interessiert er sich für Sessions? Zum Glück bemerkt keiner, was in mir vorgeht. Ist er es überhaupt oder habe ich mich vielleicht verguckt? Ich wage einen zweiten Blick.
Ein Mann steht in einiger Entfernung am Zeltpfosten. Eigentlich kann ich ihn kaum erkennen, denn es ist halb dunkel. Er schaut in meine Richtung und hört offensichtlich aufmerksam zu.
Es gelingt mir irgendwie, den Song zu beenden. Kaum dass der Applaus kommt, gebe ich die Gitarre zurück und will schnell gehen. Da sehe ich, dass der Mann seinen Platz verlassen hat und zur Bühne geht. Ich weiß nun genau, dass er es ist.
Panikartig dränge ich mich durch die Menge der aufbrechenden Musiker, schaffe es, rasch die Treppe herunterzukommen, höre R. hinter mir herrufen, verstehe nicht, was er will, und es ist mir egal. Nur weg! Ich registriere auch nicht mehr, dass S. mich verständnislos ansieht.
Ich wühle mich durch den Pulk der Zuschauer. Wohin? Zurück zum Zelt! Alles andere wäre nicht gut.
Ich blicke mich um. Niemand folgt mir. Mein Atem beruhigt sich. Ich kann P. ja gleich mit dem Handy anrufen, ihm sagen, dass mir plötzlich schlecht war. Erleichtert gehe ich zum Zeltplatz.

-  Ende Leseprobe acht - 

Einen schönen Tag wünscht Euch, 
Pearl

Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010

Erhältlich im guten Buchhandel,
bei amazon.de oder hier:
Info@con-dedizione.de

Samstag, 28. August 2010

Leseprobe sieben: "Zweieinhalb Wochen"



Er liegt lange auf mir. Ich spüre sein Gewicht, es ist mir keine Last. Seine Atemzüge streicheln meinen schweißnassen Nacken. Der Duft, der mich so fasziniert, liegt wie eine weiche Wolke über uns. Ich verharre, genieße. Schließlich bewegt er sich, murmelt: »Ich erdrücke dich ja«, und legt sich neben mich: »Du hättest doch etwas sagen können.«
Ich sehe ihn durch den Wasserfall meiner Haare an. Er streicht sie mir aus dem Gesicht und fährt mit den Fingerspitzen über eine Wange.
»Du hast mir vertraut. War ich nicht zu grob zu dir?«
Ich schüttele den Kopf: »Wie kommst du denn darauf? Lust und Schmerz können manchmal eng beieinanderliegen. Du hast es geschafft, beides zu verbinden.«
»Du bist wundervoll. Ich möchte dich wiedersehen.«
»Ich weiß nicht, ob das geht.«
Er berührt meine Lippen: »Sag das nicht. Ich möchte es jetzt einfach nicht hören.«
»Kannst du die Wahrheit nicht vertragen?« Ich lache auf: »Ich bin nicht allein hier, das sagte ich bereits. Und wir werden am Sonntag abreisen.«
Meine Worte bringen mich zurück in die Wirklichkeit.
Was ist Wirklichkeit? Ich liege mit einem Fremden an einem See und habe wunderbaren Sex mit ihm … das ist Wirklichkeit! Oder? Ist diese Nacht ein Traum? Ist er es? Wer ist er? Ich kann ihn nicht wiedersehen, auch wenn ich es mir wünsche. Ich weiß ja schon gar nicht mehr, was ich mir wünsche.
»Ich kann nicht mehr klar denken«, murmele ich fast zu mir selbst, »nicht wenn du so nahe bei mir bist. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun werde.«
Ich richte mich auf, starre in die Dunkelheit.
»Ich kenne dich nicht. Es ist nicht mein Ding, mit wildfremden Männern zu schlafen, aber dieses Thema hatten wir ja schon. Ich komme mir vor wie ein ganz anderer, fremder Mensch, und, ja, ich habe etwas Angst vor dem Menschen, der sich mir zeigt.« Ich berühre sein Gesicht, tauche ein in seine Augensterne, diese unwiderstehlich ausdrucksvollen Augen, die die ganze Zeit auf mir liegen. »Wohin es mich führen wird? Ehrlich gesagt, es ist mir im Augenblick egal. Aber frag mich nicht nach morgen oder nach nächster Woche.«
»Wir sollten nicht so viel reden. Dafür ist die Zeit viel zu schade.«
Der Klang seiner Stimme lässt mich erzittern. Er ist so nah, und geschehen ist geschehen. Jetzt gehen? Damit mache ich es auch nicht besser. Außerdem, das kann gar nicht sein, aber … Ich will ihn schon wieder.
Ich nähere mich seinen Lippen, schmecke sie, erforsche. Er ist sehr zurückhaltend. Ich locke ihn, lecke seine Lippen, nehme sie zwischen die Zähne, knabbere an ihnen, beiße hinein, gehe mit den Händen tiefer, mein Mund folgt. Beharrlich und lange verwöhne ich ihn. Er will sich hinsetzen.
»Jetzt bin ich dran, bleib liegen.«
Ich beginne von vorne. Ich fühle, spiele, genieße seine Haut, seinen Geruch, seine Lust, endlich sein Zittern, seine Hitze, seine Härte, diese Härte! Wie in Trance fahre ich fort, bis mich seine Hände stoppen. Ich blicke zu ihm hoch.
»Komm zu mir«, sagt er, setzt sich und umarmt mich; eine Zeitlang verweilen wir. Bis er meine Erregung spürt und mich küsst, fordernde, fiebrige Liebkosungen; ich ergebe mich unserer Lust und seinen Künsten, die mich erzittern, erschauern, aufstöhnen, keuchen lassen, die meine Haut, meinen Schoß brennen, schmerzen lassen. Ich drücke ihn nach hinten, ich will ihn in mir; ich gleite auf ihn und explodiere sofort. Seine Hände treiben mich weiter, fordern alles; dann kommt er, ich genieße ihn mit jeder Faser meines Körpers, komme ein zweites Mal und sinke zusammen.
Meine Haare bedecken uns wie ein schützender Vorhang, hinter dem wir uns der Erschöpfung hingeben, und als sich mein Atem beruhigt hat, öffnet er die Augen, lächelt und küsst mich zärtlich. Ich lege mich neben ihn. Aneinandergeschmiegt ruhen wir in der warmen Nacht. Im Busch nebenan zirpen Grillen, sonst ist es bis auf unsere Atemgeräusche still, doch unser Schweigen ist mir nicht peinlich nach unserer Ekstase, denn es scheint mir, als ob diese Ekstase uns so stark verbunden hat, dass jedes weitere Wort überflüssig ist.
»Wie wäre es mit einer Zigarette?«, fragt er nach einer Weile.
»Nicht schlecht.«
Er kommt mit den Sachen zurück, rollt seine Jeans zusammen und schiebt sie mir unter den Kopf. Ich greife nach meinem Rock, bedecke mich damit.
»Mir ist etwas kühl nach der Hitze eben.«
Er reicht mir eine Zigarette: »Ich möchte dich wiedersehen.«
Ich inhaliere tief: »Es wird nicht gehen. Ich sagte dir, warum.«
»Dann sag es mir noch einmal. Ich habe es nicht verstanden. Wir können uns morgen Nacht wieder treffen. Oder wann du willst.«
»Darum geht es nicht. Es ist noch etwas anderes.«
»Was denn? Erzähl es mir.« Er drückt meine Hand.
»Ich weiß es nicht, ich kann es nicht erklären.« Ich blicke zur Seite: »Ich habe Angst.«
»Wovor?«
»Vor dem, was passieren wird, wenn wir uns noch einmal sehen.«
»Was soll denn dann passieren? Wir werden ficken. Und sag nicht, dass es dir keinen Spaß gemacht hat.«
Ich schweige eine Zeitlang, denn ich kann dieses andere, dieses Unbekannte tief in mir nicht definieren, und meine Augen kehren zögernd zu ihm zurück.
»Es ist mehr als das«, meine ich ruhig, sehe ihn lange an: »Nur was es genau ist, weiß ich nicht. Und davor habe ich Angst.« Ich zeige zum Himmel: »Siehst du das?«
Im Osten ist der Anflug der Morgendämmerung zu erkennen; die nachtdunkle Farbe des Himmels hat sich in ein fahles Bleigrau verwandelt.
»Ich rauche noch zu Ende und dann gehe ich.«
Er antwortet nicht.
Die letzte Glut der Zigarette fällt ins Gras. Langsam, unendlich langsam stehe ich auf. Er sieht mich wortlos an. Mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft wende ich mich von seinen Augen ab und ziehe mich an. Meine Bewegungen kommen mir wie ferngesteuert vor.
»Ich muss«, flüstere ich kaum hörbar, »bitte sage jetzt nichts. Ich glaube wirklich nicht, dass wir uns wiedersehen werden.«
Er greift nach meinem Handgelenk, aber irgendwie schaffe ich es, mich freizumachen und zu gehen. Ich laufe ziellos weg; kaum nehme ich durch den Schleier meiner aufsteigenden Tränen die Richtung wahr. Zum Glück ist es bis zum Zeltplatz ein langer Weg. Die Nacht weicht einem stickigen, schwülwarmen Morgen, schon sind die ersten Menschen mit ihren Hunden unterwegs.
Unser Zelt unter Hunderten anderer zu finden ist nicht einfach, es erfordert meine ganze Aufmerksamkeit. Ich bekomme mich besser in die Gewalt, und als ich es erreiche, bin ich wieder ruhig.
Ich kann so nicht ins Zelt. P. wird es riechen.
Das Zelt ist offen. P. liegt auf dem Schlafsack und schnarcht; ich greife hinein und hole ein Handtuch heraus.
Es erscheint mir wie Verrat, als ich unter den Wasserstrahl trete, seinen Geruch von mir abspüle. Lange stehe ich nur da. Nach und nach beseitigt das Wasser die letzten Reste der Nacht und verwandelt mich wieder in ein nach Seife und Shampoo riechendes Neutrum. Nochmals Erinnerungen – ich beiße die Zähne zusammen, drehe das kalte Wasser auf und verharre darunter, bis jedes Gefühl in mir verschwindet und ich die Sehnsucht nicht mehr wahrnehme.
Mein Spiegelbild ist mir fremd. Müde, glanzlose Augen, gerötete Lippen, ich erkenne Bissspuren. Es braucht eine Weile, bis ich mich mittels Make-up wieder so verwandelt habe, dass ich mir zutraue, P. unter die Augen zu treten. Als ich zurückschlendere, erwacht der Campingplatz.
Vielleicht gehe ich erst einmal Brötchen holen. Dann müsste P. wach sein. Außerdem gibt mir das noch etwas Zeit, mich zu sammeln.
P. schläft immer noch, und als ich ihn daliegen sehe, wird mir plötzlich bewusst, dass ich sehr müde bin.
Ein Kaffee wäre nicht schlecht.
Ich hole das Kochgeschirr heraus. Das Klappern des Topfes weckt P., sein Kopf erscheint vor dem Zelt. Verschlafen reibt er sich die Augen.
»Und? Hattest du einen schönen Abend?«
Ich zucke zusammen. Meine Antwort kommt mechanisch.
»Ja, danke. Es war nett dort. Eine halbe Stunde, nachdem du weg warst, kam die Band. Es wurde natürlich noch sehr voll. Und es ist spät geworden. Eine Sperrstunde scheint es hier nicht zu geben.«
Ich blicke ihn nicht an, aber meine Stimme wird flüssiger, und ich erzähle, dass ich unsere alten Bekannten aus früheren Musikerzeiten getroffen habe.
»Sie waren recht gut. Allerdings haben sie zu viele Instrumentals gespielt. Das schien die Leute nicht sonderlich zu interessieren.«
Wir plaudern noch eine Weile über Musik, trinken unseren Kaffee.
»Ich gehe mal nachschauen, ob es mittlerweile Festivalprogramme gibt«, meint P. und steht auf. »Dann könnten wir sehen, wer heute wo und wann spielt. Mit der Livemusik geht es, glaube ich, aber erst am Nachmittag los.«
Er steckt Handy und Börse ein.
»Du bleibst noch hier? Du siehst müde aus.«
Erleichtert nicke ich: »Ich lege mich noch etwas hin. Weck mich aber, bevor es losgeht.«
»Ja, natürlich. Ich bin in einer Stunde wieder da.«
Er verschwindet zwischen den Zelten.
Ich stelle meine Tasse ab, krieche ins Zelt. Es riecht nach Bier und Schweiß, und ich nehme mir meinen Schlafsack, gehe hinaus. Es herrscht zwar schon reges Leben, doch sobald ich mich ausgestreckt habe, überwältigt mich die Müdigkeit. »Und ich weiß noch nicht einmal seinen Namen«, murmele ich zu mir selbst, bis hinter der Macht des Schlafes auch seine Augen verschwinden.

-          Ende Leseprobe sieben -

Mit dieser etwas längeren Leseprobe verabschiede ich mich ins Wochenende,  Pearl

Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010

Erhältlich im guten Buchhandel,
bei amazon.de oder hier: 
Info@con-dedizione.de

Freitag, 27. August 2010

Leseprobe sechs: "Zweieinhalb Wochen"


Nachtschwarze Wasserfläche. Ist der See wirklich so weit oder bin ich so klein? Wie kann er mich hier einfach zurücklassen? Erst überredet er mich, mit ihm zu gehen, und dann ist er weg. Ich rufe: »Hallo!«, denn ich weiß noch nicht einmal seinen Namen; viel zu laut, meine Stimme, gleich wird halb Tønder hier stehen. Ich verstumme.
Ich schwimme zurück. Die schattenhaften Umrisse des Ufers kommen näher, und ich erkenne Einzelheiten: Bäume, die Bank und endlich ihn; er kommt mir entgegen, geht schnell auf mich zu, wir treffen uns im Wasser. Als er mich umarmt, ist mir alles egal. Die wenigen Minuten, die er weg war, erschienen mir schon zu lang.
»Was war, mein Liebes?«
»Ich hatte auf einmal Angst.«
»Sagtest du nicht, dass du dich nicht gut fühlest?« Er streicht mir die nassen Haare aus dem Gesicht: »Und ich war ja wohl der Grund dafür, deshalb bin ich gegangen.«
»Danach fühlte ich mich aber noch schlechter.«
»Wenn ich mich recht erinnere, warst du eben schon mal allein schwimmen?« Er klingt nun fast belustigt, nimmt sich aber sofort zusammen.
»Nochmals: Verzeih mir.«
Seine Lippen sind so leicht wie der Flügelschlag eines kleinen Vogels, als er mich küsst, seine Hände um mein Gesicht so weich, warm wie ein milder Abendwind und mir irgendwie vertraut, und nachdem er Salz auf meinem Mund schmeckt, küsst er zärtlich meine Augenlider.
»Die Nacht ist viel zu schön, um traurig zu sein! Lass sie uns lieber genießen.«
Nach und nach beruhige und entspanne ich mich unter seinen Worten und Händen.
»Ich möchte dich verwöhnen.« Er nimmt mich hoch, trägt mich zum Ufer, geht jedoch noch weiter zu einer Stelle, wo mehrere Büsche einen Kreis bilden und legt mich dazwischen ins Gras.
»Hier sind wir geschützt. Bleib einfach liegen, vertraue mir.«
Ich sehe ihn neben mir knien und schließe die Augen.
Seine Hände.
Sanft streichelt er mein Gesicht, meinen Hals, meine Brüste, meinen Bauch, und geht dann wieder aufwärts; zärtlich fährt er über meine Lippen, Wangen und Augenbrauen; erstaunt öffne ich die Augen, und er lächelt: »Mach sie wieder zu.« Er wandert zu meinen Schenkeln und ertastet ihre Formen, gleitet wieder hoch zu meinen Brüsten, meinem Hals, meinem Gesicht; keine Stelle meines Körpers entgeht ihm, endlos lang huldigt er ihm und meiner Haut, die nach und nach unter seinen Händen feucht wird, erglüht, erzittert, zusammenzuckt, ihren Berührungen entgegenfiebert. Längst hat mich der unbekannte Strudel erfasst, längst ist ein tranceartiger Glanz in meine Augen getreten, längst stöhne ich leise; ich will nach ihm greifen, doch er drängt mich zurück.
»Entspann dich«, flüstert er, »mach die Augen wieder zu. Genieß es einfach. Lass dich fallen.«
Seine Lippen.
Sie folgen den Wegen seiner Hände. Sie suchen, erkunden, ertasten, erforschen mich. Ich fühle, ich öffne mich – er hat Zeit. Was macht er da, so lange? Ich zittere, mehr! Bitte geh da hin! Er tut es nicht – er hat Zeit. Bitte, höher! Ja! – er hat Zeit. Das kann nicht sein, ich halte das nicht mehr aus, bitte! – er hat Zeit. Ich keuche, fliege, so viel Zeit, nur für mich? Für mich! Ich fliege, fließe, zerfließe, ergebe mich –
Er schaut auf und lächelt.
»Möchtest du mehr?« Seine Hand auf meinem Hügel ist reine Verheißung.
Ich kann nur noch nicken.
Wieder seine Lippen: »Komm, öffne dich!«
Ich explodiere.
»Vertraust du mir jetzt?«
»Ja!…«
»Dann dreh dich um.«
Ich lege mich auf den Bauch. Zärtlich streift er mir die Haare aus dem Nacken.
Seine Zunge.
Er zeichnet tanzende Kreise auf meinem Nacken, meinem Rücken, geht tiefer. Ein warmes, weiches Kribbeln erfasst mich. Seine Hände auf meinen Hüften, meinem Po, er massiert mich. Spreizt er mich oder tue ich es, tue ich es gar freiwillig? Weiter, mehr, ich will, bin ich so nass?! Seine Finger, was machst du, da? Mein Stöhnen wird hemmungslos. Er dringt ein, verharrt. Ich greife zu seiner Hand, mach weiter, er versteht und tut es. Langsam, lange, geduldig gleitet er in mich, öffnet mich. Bis es soweit ist, bis er mich hochzieht, nein, nicht da rein! – das passt nicht, unmöglich! Es tut weh, es tut gut, diese Enge gespießt zu fühlen … Seine Finger, er bewegt sich vorsichtig, ich nehme auf, nehme an, ich gehe mit, er wird schneller; synchrone Körper vereint in Lust.

- Ende Leseprobe sechs - 

Bis morgen, ich hoffe, ich habe euch ein wenig den regnerischen Tag verschönt,

Pearl


Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010

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Mittwoch, 25. August 2010

Leseprobe fünf: "Zweieinhalb Wochen"


»Das war doch ganz nett für den Anfang.« 
Die Worte bringen mich zurück in die Gegenwart. 
»Du meinst, es wird ein zweites Mal geben?« Ich richte mich auf: »Da muss ich dich leider enttäuschen. Du hast mich hier fast überfallen, ich hatte keine Chance.« Ärgerlich will ich aufstehen: »Es fehlt nur noch, dass uns jemand beobachtet hat.«
»Es scheint dir aber Spaß gemacht zu haben, überfallen zu werden.«
»Ich bin verheiratet«, erwidere ich, wie um ihn zurückzuweisen, doch kaum dass es heraus ist, wird mir der Unsinn dieser Aussage klar.
Er zieht mich an den Handgelenken hoch. Dann streicht er mit der Außenseite seiner rechten Hand über meine Wange und sieht mich lange an. Ich habe das vage Gefühl, als könne er meine Gedanken lesen, und wende die Augen ab.
»Ich mache dir einen Vorschlag: Wir gehen jetzt schwimmen und dann bringe ich dich zurück.«
»Nein, ich muss weg. Ich gehe auf keinen Fall mit dir da rein!«
»Bist du dir wirklich sicher? Ein wenig Abkühlung wäre auch für dich nicht schlecht.« Seine Stimme hat wieder ihren einschmeichelnd-verführerischen Klang: »Ich werde dich nicht anrühren, ich schwöre es. Wir gehen schwimmen, und das war’s.«
Er fasst mich an der Hand, zieht mich Richtung Seeufer. Mein Widerstand lässt nach, und ich werde mir der großen körperlichen Anziehungskraft bewusst, die er auf mich ausübt. Nie habe ich einen solchen Mann getroffen. Oder habe ich es einfach nicht bemerkt? Meine Gedanken beginnen zu rasen. Wie konnte ich nur? P. darf es nie erfahren! Vielleicht sollte ich einfach alles auf mich zukommen lassen? Außerdem ist es jetzt sowieso egal, morgen ist morgen und ich will jetzt nicht darüber nachdenken.
Langsam verschluckt mich der See, und immer noch folge ich dem Unbekannten, versunken in seine Augen. Das Wasser geht mir bis zur Brust, bis zum Hals, benetzt meine Lippen, er stoppt. Sein weicher, warmer Mund legt sich über das kühle Nass, und es vermischt sich mit seinen Lippen, mit seiner Zunge, die mich in Besitz nimmt. Ich genieße sie einen Augenblick, löse mich dann, schwimme schnell weg. Er hat mich bald eingeholt.
»Vertraust du mir nicht?«
»Nein. Du hast versprochen, mich nicht anzufassen. Das ist keine drei Minuten her. Warum sollte ich dir vertrauen?«
Ich sehe ihn argwöhnisch an.
»Du veranlasst mich, Dinge zu tun, die mein Leben auf den Kopf stellen könnten. Ich kenne mich selbst nicht mehr.«
»Und deshalb hast du Angst? Warum? Entweder du willst etwas, dann solltest du es auch tun und die Konsequenzen tragen. Oder du willst etwas nicht und lässt es. Ich bin der Letzte, der dich drängt. Außerdem hatte ich nicht den Eindruck, dass du es nicht wolltest.«
Ich schweige eine Zeitlang. Als ich antworte, ist meine Stimme leise geworden:
»Kann sein, dass du Recht hast. Aber so einfach sind die Dinge eben oft nicht. So etwas ist mir noch nie passiert, ich kann damit im Moment nicht umgehen.« Unbeholfen suche ich nach weiteren Worten: »Ich fühle mich ziemlich schlecht. Entschuldige bitte.«
Ich wende mich ab. Er schwimmt um mich herum, schaut mich aufmerksam an.
»Ich muss mich bei dir entschuldigen. Es tut mir sehr leid. Vielleicht ist es besser, wenn ich dich jetzt allein lasse.«
Bevor ich eine Antwort herausbringe, dreht er um und ist weg.

- Ende Leseprobe fünf -

Einen wunderschönen Tag wünscht Euch Pearl

Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010


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Montag, 23. August 2010

Leseprobe vier: "Zweieinhalb Wochen"


Er steht auf, zieht mich hoch und umarmt mich mit einer einzigen besitzergreifenden Bewegung. Seine Lippen scheinen überall zu sein, auf meinen Schläfen, auf meinem Mund, sie wandern zu meinem Hals, er saugt daran und streicht mir die Haare aus dem Nacken, dann sind seine Lippen dort, ich erschauere. Ich lege den Kopf nach hinten und biete mich an, meine Brüste, meinen Bauch, meinen ganzen Körper; er lächelt und streichelt träge meine Nippel, die sich längst durch den Stoff des Tops drücken. Wie in Trance löse ich mich von ihm und ziehe mich aus.
»Du bist schön«, raunt er, zieht mich an sich und küsst mich, seine Zunge sucht die meine, lockt sie, umkreist sie, spielt mit ihr und vereinigt sich mit ihr in steigendem Rausch. In einem Rausch, den seine Hände auf meiner Haut noch verstärken, ich keuche, schmiege mich an ihn; er greift um meinen Po, streicht über meine Schenkel, ihre Innenseiten, von unten nach oben, druckvoll, wieder und wieder; ich keuche lauter, wild, unbeherrscht, will endlich mehr und öffne mich, als er die Stelle findet, die die ganze Zeit nach seiner Berührung giert. Brutal und urplötzlich komme ich, wie eine lang zurückgehaltene Naturgewalt; ich schreie laut auf, meine Beine knicken weg, doch er hält mich fest und lässt mich auf den Boden sinken. Ich bemerke nicht mehr das Gras in meinem Rücken, nicht mehr die Hitze der Nachtluft, nicht mehr, dass er sich auszieht, ich bin nur noch Erwartung. Endlich ist er über mir; ich ziehe ihn an mich, ich rieche ihn, meine Lippen schmecken seine Haut, meine Hände versinken in seinen Haaren. Weit spreizt er mich und fährt fort, mich zu streicheln, tief dringt er in mich, doch diesmal ist es mir bei weitem nicht tief genug. Ich führe seine Finger zum Mund, lecke, sauge; sein Atem wird heftiger, seine Augen werden dunkler. Unmittelbar gleitet er über mich, dringt langsam in mich ein und sieht mich an; er füllt mich ganz aus, ich stöhne, es dauert mir viel zu lange, bis er mich weitertreibt; mächtige Stöße, ich schreie auf, spüre sein Zucken, und das trägt mich über die Schwelle.

- Ende Leseprobe vier -

Mit dieser Leseprobe wünsche ich euch eine gute Nacht, Pearl

Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
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Vierte Auflage: September 2010

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Sonntag, 22. August 2010

Leseprobe drei: "Zweieinhalb Wochen"


Allmählich werden meine Schritte langsamer, meine Gedanken beruhigen sich etwas. Am liebsten wäre ich geblieben, ich hätte mich gerne weiter mit ihm unterhalten. Ob ich dann nicht eine Grenze überschritten hätte? Ich lache. Welche Grenze? So ein Quatsch! Er war doch nur eine Zufallsbekanntschaft. Ich gehe jetzt zum Zelt. Finito. Es ist spät.
Ich schlendere durch den ruhigen Ort. Nach einer Weile wird mir bewusst, dass ich ziellos herumlaufe. Eigentlich habe ich es nicht eilig, P. wird längst schlafen und die Nacht ist viel zu warm, um jetzt schon im Zelt zu verschwinden. Mir fällt der See ein, an dem wir nachmittags vorbeigekommen waren, und ich beschließe, ihn zu suchen.
Er liegt am Ortsrand, eingebettet in einen kleinen Park. Ich setze mich auf eine Bank am Ufer. Von fern unterbricht Hundegebell die Stille.
Eine Weile sitze ich da und betrachte die Spiegelung der Sterne auf der schwarz-glatten Wasserfläche. Die kommenden Tage versprechen interessant zu werden, denn die Veranstalter haben aufgeboten, was in der Folkszene Rang und Namen hat. Ich streife die Sandalen ab, gehe zum Wasser. Schmeichelnd streicht es um meine Beine. Ich hebe den Rock hoch, wate tiefer hinein. Mit einem raschen Rundumblick vergewissere ich mich, dass ich allein bin, ziehe Rock und Top aus und werfe beides ans Ufer. Langsam ertaste ich mit meinen Zehen den Sandboden, dann bin ich ganz im Wasser, hole tief Luft und schwimme hinaus. Es ist herrlich kühl und ich tauche mehrmals unter, um meine Haare auszuspülen. Nachdem ich eine Zeitlang geschwommen bin, schaue ich zurück und erschrecke.
Täusche ich mich oder ist da jemand? Ich schwimme in Richtung Ufer, bekomme festen Boden unter die Füße und reibe mir das Wasser aus den Augen. Ja, da ist jemand, jemand sitzt auf meiner Bank. Was mache ich denn jetzt? Zum Glück habe ich den Slip angelassen.
Ich nähere mich der Bank und halte den Atem an. Der Mann sieht meiner Zufallsbekanntschaft von vorhin sehr ähnlich. Verlegen blicke ich an mir herab. Wasser rinnt aus meinen langen Haaren über meinen nackten Oberkörper, ich fühle, wie ich rot werde. Entschlossen greife ich in die nasse Masse, bedecke mich damit und gehe schnellen Schrittes zur Bank. Es ist tatsächlich derselbe Mann. Er macht keinerlei Anstalten aufzustehen oder sich umzudrehen, sondern betrachtet mich amüsiert, die Arme um seine angezogenen Beine geschlungen. Das entfacht noch mehr meinen Unwillen.
»Macht es Ihnen Spaß, nachts auf Parkbänken Frauen aufzulauern?«
Abwehrend streckt er die Hände von sich.
»Es war bestimmt nicht meine Absicht, Ihnen hier aufzulauern«, beteuert er, »es ist reiner Zufall, dass ich hier bin. Ich kam vorbei und hörte Geräusche und da wollte ich nachsehen. War es erfrischend?«
Er grinst mich an, wirft mir meine Sachen zu. Unfähig, etwas zu erwidern, streife ich mein Top über.
So eine verrückte Situation! Ich könnte mich ja genauso gut wieder ausziehen, so schaut er mich an. Der Stoff klebt an meinem Oberkörper, ich hole die Haare darunter hervor, greife zum Rock.
»Es wird alles nass werden.« Er zieht sein T‑Shirt aus, reicht es mir: »Sie haben ja eine Gänsehaut, rubbeln Sie sich ab. Ein Handtuch habe ich nicht dabei, ich hatte nicht vor, schwimmen zu gehen.«
»Danke.« Erleichtert drehe ich mich zur Seite und trockne mich ab.
Dabei bemühe ich mich um einen gleichgültigeren Ton.
»Mir war eben so heiß –«
Ich suche nach unverfänglichen Worten: »Finden Sie das Wetter nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit?« Plötzlich bemerke ich den Geruch, der aus dem T‑Shirt kommt, und atme tief ein, um ihn genauer zu schmecken. Unbekannt, aber nicht unangenehm – ein kurzer Schwindel erfasst mich, ich setze mich auf die Bank.
»Ja, es ist im Moment sehr warm hier, wir haben so etwas lange nicht gehabt«, antwortet er leichthin. »Es sind ja auch Gewitter angesagt worden.«
Seine Nähe und die leise Stimme verwirren mich, eilig will ich ihm sein T‑Shirt zurückgeben.
»Leider ist es nass.«
»Aber das macht doch nichts. Es wird schnell trocknen. Und ich glaube auch nicht, dass ich mir heute Nacht eine Erkältung hole.« Es klingt voll, einschmeichelnd und verführerisch vibrierend, als er lacht.
Er nimmt mir das Kleidungsstück ab. Unsere Hände berühren sich, und es durchfährt mich wie ein elektrischer Schlag, der mich erzittern lässt. Er bemerkt es und hält meine Fingerspitzen fest.
»Ist Ihnen kalt?«
»Nein, schon gut, mir ist nicht kalt, im Gegenteil!« Ich entziehe ihm meine Hand.
»Sind Sie sich da wirklich sicher?«
Er fasst vorsichtig an mein Kinn.
Ich zucke zusammen. Mein Gott, diese Augen! Es kommt mir so vor, als wären sie in mir. Langsam nähern sich seine Lippen den meinen, berühren sie und ich halte still, denn ich spüre sie kaum, so leicht, so sanft, so behutsam sind sie, und als ich nicht reagiere, werden sie fordernder. Ein unbekannter Strudel erfasst mich, ich löse mich. Doch als ich erneut seinen Augen begegne, fragenden Augen, zärtlichen Augen, jetzt dunkel werdenden Augen, bin ich hilflos, hilflos dagegen, dass er mich an sich zieht und wieder küsst. Abermals nehme ich diesen Geruch wahr, ist es sein Geruch, ist es sein Schweiß, vermischt mit etwas anderem, Fremdem? Dann sein drängender Körper. Ich kann das nicht, unmöglich!
Ich denke nicht mehr.

 - Ende Leseprobe drei - 

Bis morgen, dann geht es weiter, Pearl


Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010

Erhältlich im guten Buchhandel,
bei amazon.de oder hier:
Info@con-dedizione.de


Freitag, 20. August 2010

Leseprobe zwei: "Zweieinhalb Wochen"


Mein Hals ist trocken, als ich auf die Bühne gehe. Plötzlich ist das Lampenfieber wieder da. Ich trinke etwas Guinness, stimme in U.s Gesang ein, werde ruhiger. Automatisch finden meine Finger die Akkorde auf der Gitarre, ich lächele und beginne mit Paddy’s Lamentation. Meine Stimme schwebt im Raum, dazu die leise Gitarre, leicht setzt R.s Bodhrán ein, der Song ist viel zu schnell zu Ende. Beifall bricht los, ich fordere R. auf, direkt mit dem Solo für den zweiten Song zu beginnen, und wir spielen die beiden schnellen Lieder hintereinander. Der Applaus kommt mir ohrenbetäubend vor.
»Ein Lied kannst du noch«, bedeutet mir R., als ich von der Bühne gehen will. Ich zucke die Schultern, um ihm zu sagen, dass ich keine Songtexte mehr auswendig wisse, doch dann fällt mir dieses alte irische Lied ein. Ich greife zum Mikrofon, schließe die Augen.
Once upon a time there was/ Villages of Irish blood …
Then the vikings came along/ Pulled us up and pulled us down/ tried to change our living.
Cromwell and the soldiers came/ started centuries of shame/ But they couldn’t change us then/ We are a river flowing. We are a river flowing  –
Zögernd einsetzender Applaus. Ich öffne die Augen und bedanke mich. Schnell gehe ich von der Bühne.

Ich bestelle mir ein neues Bier. Es hat Spaß gemacht zu singen. Vielleicht sollte ich es noch mal probieren – aufzutreten vor Publikum? Aber nicht mehr in einer Band, das ist mir zu viel Stress, zu viel Arbeit. Ich könnte es auch allein versuchen. Aber nein, dafür bin ich zu alt.
Ich zahle mein Guinness. Die Band hinter mir ist zu den üblichen Traditionals zurückgekehrt, S.s Banjo klimpert leise. Der Abend ist weit vorangeschritten, aber immer noch drängen sich die Menschen in dem Pub. Eine große Gruppe angetrunkener Festivalbesucher kommt herein und stürmt die Theke. Irgendwo an der Bühne muss es Unruhe geben, denn plötzlich wogt eine Welle von Leibern durch den Raum. Jemand steigt mir auf die Füße. Das Bier in meinem Glas schwappt über, benetzt mein Top. Verärgert will ich mich abwenden, als ich eine Stimme leise sagen höre: »Excuse me, I’m really sorry.«
Ich werfe einen Blick auf den Sprecher und sehe ein interessantes Gesicht mit bedauernden Augen. Unwillkürlich muss ich lächeln.
»Schon in Ordnung. Ich stehe hier vielleicht ungünstig.«
Irgendwie schaffe ich es, mich aus dem Pulk der Leute herauszuwinden, suche mir einen ruhigeren Platz hinten an der Theke, stelle mein Glas ab und gehe zur Toilette, um mich notdürftig zu reinigen. Als ich zurückkomme, steht dort der Mann, der mir kurz zuvor auf die Füße getreten ist: »Es tut mir wirklich leid, ich möchte mich nochmals entschuldigen.«
»So was kann ja passieren. Ich bin nicht nachtragend.«
»Darf ich Ihnen trotzdem eine Zigarette anbieten? Als Friedensangebot?«
Ich bedanke mich und nehme mir eine aus dem Etui.
»Ich sollte Sie warnen, es sind Selbstgedrehte«, meint er lächelnd, »aber sie sind nicht stark. Und es ist auch nichts drin.«
Ich lächele zurück, betrachte ihn genauer. Er ist größer als ich, einen halben Kopf, schlank, und wie fast alle hier trägt er Jeans und T‑Shirt. Seine Augen sind intensiv, fast aufdringlich; ruhig gibt er meinen Blick zurück. Verlegen wende ich mich der Bühne zu. Die Band spielt weiterhin Jigs und Reels. Er scheint ebenfalls zuzuhören.
»Sie haben sehr schön gesungen.«
»Ja? Hat es Ihnen gefallen? Danke.«
»Da bin ich wohl nicht der Einzige. Als Sie gesungen haben, war es still. Kein Gegröle und keine Zwischenrufe. Gehören Sie zur Band?«
»Nein, nicht mehr. Es sind alte Bekannte von mir, ich habe sie zufällig getroffen.« Ich werde nachdenklich: »Es ist lange her, aber es ist vorbei.«
»Das ist schade. Ihr wart bestimmt gut.«
»Nicht so gut, wie wir es uns gewünscht hätten«, erwidere ich fast scharf. Mein Gott, warum erzähle ich das einem Unbekannten? Es interessiert ihn doch bestimmt nicht. Ich streife die Asche der Zigarette ab und stelle unwillig fest, dass er mich immer noch ansieht.
»Und Sie? Was machen Sie hier? Sind Sie auch wegen des Festivals hier?«
»Nein, ich habe Urlaub. Das Festival ist eine kleine Zugabe für mich, und wenn mich eine Band oder ein Künstler interessieren, gehe ich hin. Und Sie? Sind Sie jedes Jahr hier?«
»Nein. Wir waren vor ein paar Jahren einmal hier, haben dann aber andere Folkfestivals besucht, weil Dänemark von uns aus sehr weit und nicht gerade billig ist.«
Was er wohl im Urlaub macht? Ich betrachte seine Hände. Eine Hand liegt ruhig auf der Theke, während die andere die Zigarette hält; sie sind braungebrannt und sehen trotz der langen, feingliedrigen Finger so aus, als könnten sie kräftig zupacken. Irgendetwas Sportliches vielleicht. Er sitzt bestimmt nicht den ganzen Tag im Liegestuhl am Strand. Meine Augen wandern über seinen schmalhüftigen, offensichtlich durchtrainierten Körper. Plötzlich wird mir klar, dass er meine Blicke vielleicht bemerkt hat.
»Entschuldigen Sie bitte, ich wollte Sie nicht weiter stören.«
Ich wende mich der Band zu, die ein Set von wunderschönen Jigs spielt; es beginnt mit einem langsamen Intro, steigert im mittleren Stück die Geschwindigkeit und endet in der furiosen Version eines Slipjigs. Als der verdiente Applaus losbricht, wird mir bewusst, dass er mich die ganze Zeit angeschaut hat.
Was starrt er mich so an? Sie sind wohl einmalig, diese Augen, so offen, so klar … Welche Farbe sie wohl genau haben? Ich würde sie gerne einmal bei Tageslicht sehen … O mein Gott, ich flirte ja mit ihm?! Ein Flirt mit einem Fremden, einer Zufallsbekanntschaft? Ich muss das beenden.
Ich trinke das Bier aus, erhebe mich vom Barhocker.
»Ich muss weg«, murmele ich, höre ihn hinter mir sagen: »Eigentlich wollte ich Ihnen ja noch ein Bier ausgeben«, und verlasse fast fluchtartig die Gaststätte.

- Ende Leseprobe zwei - 

So, das wars für heute. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht.
Bis morgen, Pearl

Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010

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