Freitag, 27. August 2010

Leseprobe sechs: "Zweieinhalb Wochen"


Nachtschwarze Wasserfläche. Ist der See wirklich so weit oder bin ich so klein? Wie kann er mich hier einfach zurücklassen? Erst überredet er mich, mit ihm zu gehen, und dann ist er weg. Ich rufe: »Hallo!«, denn ich weiß noch nicht einmal seinen Namen; viel zu laut, meine Stimme, gleich wird halb Tønder hier stehen. Ich verstumme.
Ich schwimme zurück. Die schattenhaften Umrisse des Ufers kommen näher, und ich erkenne Einzelheiten: Bäume, die Bank und endlich ihn; er kommt mir entgegen, geht schnell auf mich zu, wir treffen uns im Wasser. Als er mich umarmt, ist mir alles egal. Die wenigen Minuten, die er weg war, erschienen mir schon zu lang.
»Was war, mein Liebes?«
»Ich hatte auf einmal Angst.«
»Sagtest du nicht, dass du dich nicht gut fühlest?« Er streicht mir die nassen Haare aus dem Gesicht: »Und ich war ja wohl der Grund dafür, deshalb bin ich gegangen.«
»Danach fühlte ich mich aber noch schlechter.«
»Wenn ich mich recht erinnere, warst du eben schon mal allein schwimmen?« Er klingt nun fast belustigt, nimmt sich aber sofort zusammen.
»Nochmals: Verzeih mir.«
Seine Lippen sind so leicht wie der Flügelschlag eines kleinen Vogels, als er mich küsst, seine Hände um mein Gesicht so weich, warm wie ein milder Abendwind und mir irgendwie vertraut, und nachdem er Salz auf meinem Mund schmeckt, küsst er zärtlich meine Augenlider.
»Die Nacht ist viel zu schön, um traurig zu sein! Lass sie uns lieber genießen.«
Nach und nach beruhige und entspanne ich mich unter seinen Worten und Händen.
»Ich möchte dich verwöhnen.« Er nimmt mich hoch, trägt mich zum Ufer, geht jedoch noch weiter zu einer Stelle, wo mehrere Büsche einen Kreis bilden und legt mich dazwischen ins Gras.
»Hier sind wir geschützt. Bleib einfach liegen, vertraue mir.«
Ich sehe ihn neben mir knien und schließe die Augen.
Seine Hände.
Sanft streichelt er mein Gesicht, meinen Hals, meine Brüste, meinen Bauch, und geht dann wieder aufwärts; zärtlich fährt er über meine Lippen, Wangen und Augenbrauen; erstaunt öffne ich die Augen, und er lächelt: »Mach sie wieder zu.« Er wandert zu meinen Schenkeln und ertastet ihre Formen, gleitet wieder hoch zu meinen Brüsten, meinem Hals, meinem Gesicht; keine Stelle meines Körpers entgeht ihm, endlos lang huldigt er ihm und meiner Haut, die nach und nach unter seinen Händen feucht wird, erglüht, erzittert, zusammenzuckt, ihren Berührungen entgegenfiebert. Längst hat mich der unbekannte Strudel erfasst, längst ist ein tranceartiger Glanz in meine Augen getreten, längst stöhne ich leise; ich will nach ihm greifen, doch er drängt mich zurück.
»Entspann dich«, flüstert er, »mach die Augen wieder zu. Genieß es einfach. Lass dich fallen.«
Seine Lippen.
Sie folgen den Wegen seiner Hände. Sie suchen, erkunden, ertasten, erforschen mich. Ich fühle, ich öffne mich – er hat Zeit. Was macht er da, so lange? Ich zittere, mehr! Bitte geh da hin! Er tut es nicht – er hat Zeit. Bitte, höher! Ja! – er hat Zeit. Das kann nicht sein, ich halte das nicht mehr aus, bitte! – er hat Zeit. Ich keuche, fliege, so viel Zeit, nur für mich? Für mich! Ich fliege, fließe, zerfließe, ergebe mich –
Er schaut auf und lächelt.
»Möchtest du mehr?« Seine Hand auf meinem Hügel ist reine Verheißung.
Ich kann nur noch nicken.
Wieder seine Lippen: »Komm, öffne dich!«
Ich explodiere.
»Vertraust du mir jetzt?«
»Ja!…«
»Dann dreh dich um.«
Ich lege mich auf den Bauch. Zärtlich streift er mir die Haare aus dem Nacken.
Seine Zunge.
Er zeichnet tanzende Kreise auf meinem Nacken, meinem Rücken, geht tiefer. Ein warmes, weiches Kribbeln erfasst mich. Seine Hände auf meinen Hüften, meinem Po, er massiert mich. Spreizt er mich oder tue ich es, tue ich es gar freiwillig? Weiter, mehr, ich will, bin ich so nass?! Seine Finger, was machst du, da? Mein Stöhnen wird hemmungslos. Er dringt ein, verharrt. Ich greife zu seiner Hand, mach weiter, er versteht und tut es. Langsam, lange, geduldig gleitet er in mich, öffnet mich. Bis es soweit ist, bis er mich hochzieht, nein, nicht da rein! – das passt nicht, unmöglich! Es tut weh, es tut gut, diese Enge gespießt zu fühlen … Seine Finger, er bewegt sich vorsichtig, ich nehme auf, nehme an, ich gehe mit, er wird schneller; synchrone Körper vereint in Lust.

- Ende Leseprobe sechs - 

Bis morgen, ich hoffe, ich habe euch ein wenig den regnerischen Tag verschönt,

Pearl


Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010

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