Mittwoch, 18. August 2010

Erotik beginnt bekanntlich im Kopf. Deshalb möchte ich Euch heute, und in den nächsten Tagen  und Wochen, meinen ersten überarbeiteten Roman: "Zweieinhalb Wochen"  vorstellen. 
In lockerer Folge  stelle ich hier Leseproben von "  Zweieinhalb Wochen"  hinein. 
Viel Freude beim Lesen wünscht Euch,
Pearl



ERSTES KAPITEL


Ich drehe den Kopf zur Seite, als P. sich auf mich legt. Er dringt in mich ein, es tut weh, und sein Bauch presst sich gegen mich, so dass ich kaum atmen kann. Meine Hände liegen bewegungslos neben mir.
Irgendwann mal kommt er, ich höre ihn stöhnen. Gott sei Dank, jetzt habe ich für die nächste Woche Ruhe. Er wälzt sich von mir und steht auf.
»Hattest du gestern alles gepackt?«
»Ja, bis auf die Waschsachen. Das mache ich gleich.«
Ich gehe ins Bad. Bei dem Gedanken an unseren bevorstehenden Kurzurlaub freue ich mich. Wir fahren für ein paar Tage nach Tønder, zu einem der größten Folkfestivals in Europa; das heißt Musik und Stimmung und nette Leute rund um die Uhr. Hoffentlich spielt das Wetter mit. Wenn wir Glück haben, ist es da oben so warm wie hier, wer weiß? Aber wie auch immer, wir werden schon Spaß haben.
Ich sehe in den Spiegel.
Gestern Abend war es spät geworden. Wir hatten unserem Lieblings-Irish-Pub einen Besuch abgestattet, um uns bei ein paar Guinness und irischer Musik auf unseren Trip einzustimmen.
Meine grünen Augen sind müde, glanzlos, sechs Stunden Schlaf sind zu wenig für mich. Ich könnte etwas Sonne und Seeluft vertragen. Und ich müsste mir noch die Haare waschen. Schlafen kann ich später im Zug.
»Möchtest du einen Kaffee?«
»Ja, gerne. Stell ihn da ab.«
Ich dusche, schlüpfe in Jeans und Top, schminke mich; der starke Kaffee macht mich munter. Dann ist es Zeit aufzubrechen. P. trägt den großen Seesack, ich meinen Rucksack, die Musikinstrumente lassen wir zu Hause. Wie bepackt wir früher immer gereist sind! Aber unsere Musikerzeit ist schon lange vorbei. Mit Wehmut erinnere ich mich an vergangene Urlaube und Festivalbesuche. Aber wenn man älter wird, ist es so bequemer. Wir suchen unsere reservierten Plätze, verstauen unser Gepäck. Nach einiger Zeit steigt die verdrängte Müdigkeit in mir auf; ich lege die Beine hoch, die Wärme im Zugabteil trägt ihr Übriges dazu bei, ich schlafe ein.
Ich erwache, als P. den Seesack von der Gepäckablage wuchtet: »Wo sind wir?«
»Wir sind gleich in Hamburg.«
Der Bahnhof ist voll, es ist Hauptreisezeit. Wir finden den Anschlusszug nach Niebüll. Von dort müssen wir für den Rest des Weges ein Taxi nehmen.
Neugierig auf das Land, das wir durchqueren, gehe ich in den Gang. Ich öffne ein Fenster und lehne mich hinaus. Die Ebene ist endlos flach und grün, eine leichte Seebrise liegt in der Luft, ich atme genussvoll ein und schließe die Augen.
Erfrischt, ausgeruht biete ich mein Gesicht dem Wind und der Sonne an und lausche dem regelmäßigen Rattern des Regionalzuges, diesem monotonen Geräusch, das mich nach und nach in eine andere Welt zu versetzen scheint. Schemenhafte Bilder steigen vor meinen Augen auf, eine Phantasielandschaft, in der alles Grün und Blau verschwimmen. Langsam werden die Bilder schärfer, ich sehe weit entfernte, von Dunst umgebene Hügel, dahinter ein schwach blaues Band, das Meer vielleicht? Mittendrin vereinzelte smaragdene Tupfen, die wohl Bäume sind, und viel Wasser, Flüsse, Bäche, Kanäle, Seen; Grün ist die vorherrschende Farbe dieser Landschaft, ich erkenne ihre unterschiedlichsten Schattierungen von ganz dunkel bis licht und hell, aber gleich einem durchdringenden Filter liegt ein sanfter Schimmer von phosphoreszierendem Blau über allem. Ich schüttele den Kopf, öffne die Augen. Jetzt träume ich schon am helllichten Tag! Was das wohl gewesen sein mag? Wo es wohl war? Es sah ein wenig aus wie Irland, der Westen, aber dort war es nie so blau, und es war wunderschön … Erneut schließe ich die Augen, aber die Bilder sind verschwunden. Ich starre aus dem Fenster. Eine Herde schwarz-weißer Kühe trottet langsam über eine Weide zur Tränke. In der Ferne erkenne ich einen Bauernhof. Doch als mein Blick Richtung Horizont wandert, glaube ich dort einen schmalen blauen Streifen zu vernehmen. Ich beschatte die Augen mit meinen Händen, sehe genauer hin. Es ist das Meer. Vielleicht fahre ich ja dorthin, in diese Traumlandschaft? Weit, weit weg … Wer weiß, was passieren wird? Ich werde mich einfach überraschen lassen.
Der Zug wird langsamer, fährt in ein kleines Dorf ein und hält, die knarrende Stimme des Bahnwärters durch den Lautsprecher bringt mich zurück in die Realität. Ich lächele und gehe in mein Abteil.

- Ende Leseprobe eins - 

Das war es für heute.  Bis demnächst,

Pearl