Mittwoch, 25. August 2010

Leseprobe fünf: "Zweieinhalb Wochen"


»Das war doch ganz nett für den Anfang.« 
Die Worte bringen mich zurück in die Gegenwart. 
»Du meinst, es wird ein zweites Mal geben?« Ich richte mich auf: »Da muss ich dich leider enttäuschen. Du hast mich hier fast überfallen, ich hatte keine Chance.« Ärgerlich will ich aufstehen: »Es fehlt nur noch, dass uns jemand beobachtet hat.«
»Es scheint dir aber Spaß gemacht zu haben, überfallen zu werden.«
»Ich bin verheiratet«, erwidere ich, wie um ihn zurückzuweisen, doch kaum dass es heraus ist, wird mir der Unsinn dieser Aussage klar.
Er zieht mich an den Handgelenken hoch. Dann streicht er mit der Außenseite seiner rechten Hand über meine Wange und sieht mich lange an. Ich habe das vage Gefühl, als könne er meine Gedanken lesen, und wende die Augen ab.
»Ich mache dir einen Vorschlag: Wir gehen jetzt schwimmen und dann bringe ich dich zurück.«
»Nein, ich muss weg. Ich gehe auf keinen Fall mit dir da rein!«
»Bist du dir wirklich sicher? Ein wenig Abkühlung wäre auch für dich nicht schlecht.« Seine Stimme hat wieder ihren einschmeichelnd-verführerischen Klang: »Ich werde dich nicht anrühren, ich schwöre es. Wir gehen schwimmen, und das war’s.«
Er fasst mich an der Hand, zieht mich Richtung Seeufer. Mein Widerstand lässt nach, und ich werde mir der großen körperlichen Anziehungskraft bewusst, die er auf mich ausübt. Nie habe ich einen solchen Mann getroffen. Oder habe ich es einfach nicht bemerkt? Meine Gedanken beginnen zu rasen. Wie konnte ich nur? P. darf es nie erfahren! Vielleicht sollte ich einfach alles auf mich zukommen lassen? Außerdem ist es jetzt sowieso egal, morgen ist morgen und ich will jetzt nicht darüber nachdenken.
Langsam verschluckt mich der See, und immer noch folge ich dem Unbekannten, versunken in seine Augen. Das Wasser geht mir bis zur Brust, bis zum Hals, benetzt meine Lippen, er stoppt. Sein weicher, warmer Mund legt sich über das kühle Nass, und es vermischt sich mit seinen Lippen, mit seiner Zunge, die mich in Besitz nimmt. Ich genieße sie einen Augenblick, löse mich dann, schwimme schnell weg. Er hat mich bald eingeholt.
»Vertraust du mir nicht?«
»Nein. Du hast versprochen, mich nicht anzufassen. Das ist keine drei Minuten her. Warum sollte ich dir vertrauen?«
Ich sehe ihn argwöhnisch an.
»Du veranlasst mich, Dinge zu tun, die mein Leben auf den Kopf stellen könnten. Ich kenne mich selbst nicht mehr.«
»Und deshalb hast du Angst? Warum? Entweder du willst etwas, dann solltest du es auch tun und die Konsequenzen tragen. Oder du willst etwas nicht und lässt es. Ich bin der Letzte, der dich drängt. Außerdem hatte ich nicht den Eindruck, dass du es nicht wolltest.«
Ich schweige eine Zeitlang. Als ich antworte, ist meine Stimme leise geworden:
»Kann sein, dass du Recht hast. Aber so einfach sind die Dinge eben oft nicht. So etwas ist mir noch nie passiert, ich kann damit im Moment nicht umgehen.« Unbeholfen suche ich nach weiteren Worten: »Ich fühle mich ziemlich schlecht. Entschuldige bitte.«
Ich wende mich ab. Er schwimmt um mich herum, schaut mich aufmerksam an.
»Ich muss mich bei dir entschuldigen. Es tut mir sehr leid. Vielleicht ist es besser, wenn ich dich jetzt allein lasse.«
Bevor ich eine Antwort herausbringe, dreht er um und ist weg.

- Ende Leseprobe fünf -

Einen wunderschönen Tag wünscht Euch Pearl

Zweieinhalb Wochen
Erotischer Roman, ISBN: 978-3-939970-01-9
© 2006 con dedizione, Verlag für Erotische Literatur, Köln
Vierte Auflage: September 2010


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